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Der belogene Athlet

In der Medizin setzt sich die Forderung nach einer „evidenzbasierten Medizin“ durch. Auch die „erfahrungsorientierte Medizin“ hat weiter ihre Berechtigung, bedarf aber einer konsequenten wissenschaftlichen Unterstützung und Überprüfung. Ohne die Einbeziehung valider wissenschaftlicher Studien arbeitet sie jedoch lediglich nach dem Zufallsprinzip und ignoriert das Problem der Wahrnehmungsverzerrung.

Ein Beispiel: Stell Dir vor, Dein Arzt, vielleicht ist er auch in „homöopathischen Verfahren“ bewandert, empfiehlt Dir wegen einer schweren Erkältung täglich einen Löffel Industriezucker einzunehmen, und das für eine Woche. Nach der Woche ist die Erkältung weg, es geht Dir deutlich besser. Der Arzt überprüft sein neues „Erfahrungswissen“ auch an anderen Patient:innen und auch denen geht es nach einer Woche „Zuckertherapie“ besser. Ist der Arzt ein „Wunderheiler“? Er wird die „Heilmethode“ weiter anwenden, weil er einer „Wahrnehmungsverzerrung“ aufsitzt.

Tatsächlich heilt eine einfache Erkältung nach wenigen Tagen folgenlos aus. Hier wird das Problem der „erfahrungsorientierten Medizin“ deutlich: auch Antibiotika oder ein tägliches Glas Wasser hätten die gleiche medizinische Wirkung gehabt.

Erfahrung bürgt sicherlich für Qualität. Keine Frage. Dennoch braucht es eine „evidenzbasierte Medizin“. Es würde sich in obigem Beispiel und in validen Studien dann schnell herausstellen, dass die Zuckertherapie unseres Arztes eher gesundheitsschädlich ist.

Das kennen wir ja auch aus der Forschung zur Homöopathie: Zuckerkügelchen haben über den Placebo-Effekt hinaus keine medizinisch nachweisbare Wirkung.

Klassisches Kolonnentraining. Erfahrungsbasierte Methodik.

Ähnliches können wir im Sport beobachten. Die meisten Coaches, insbesondere in den technisch und koordinativ anspruchsvollen Sportarten wie Tennis, lehren über ihr „Erfahrungswissen“. Häufig werden die Methoden angewandt, die die Coaches in ihrer sportlichen Laufbahn selbst erlebt haben. Da gibt es eine breite Spannbreite an Methoden: Vom klassischen Kolonnentraining bis zum „laissez faire“, in dem der Coach für die Beobachter:innen kaum von den Athlet:innen zu unterscheiden ist.

Im klassischen Training agiert der Coach wie ein „Magier“, der mit seinen verbalen und expliziten Anleitungen das „Kaninchen aus dem Hut zaubert“. Das funktioniert ja offensichtlich in einem gewissen Maße auch (siehe „Zuckertherapie“). Die Anleitung: „Schwing nach dem Schlag über die Schulter aus!“ oder „Stell Dich seitlich!“ kann einem erfolgreichen Schlag im Training vorausgehen. Es bleiben aber einige Fragen: Welchen positiven Effekt haben die expliziten Anleitungen über den Placebo-Effekt hinaus? Wie weit geht die „Wahrnehmungsverzerrung“ der Coaches? Was sagt die Motorikforschung zu diesen „Zaubersprüchen“? Wird diese Vorgehensweise den Bedürfnissen der Athlet:innen gerecht und stört das nicht viel zu oft deren Entwicklung?

Diese „klassischen Methoden“ sind erfahrungsbasiert und haben sich über Jahrzehnte im Tennistraining gehalten und sind leider heute noch häufig zu beobachten. Offensichtlich wird das vor allem, wenn junge Coaches immer wieder auf das Kolonnentraining zurückgreifen, obwohl es tatsächlich genug Alternativen gibt.

Modernes Tennistraining muss evidenzbasiert sein, ohne auf das Erfahrungswissen zu verzichten. Kinder und Erwachsene wollen spielen. Der spielorientierte Lernansatz zum Beispiel hat sich, zumindest in der Theorie, deutlich an die Spitze gesetzt. Auch wenn wir noch viel zu oft Trainingsstunden mit der „Zuckertherapie“ beobachten können.
Studien über implizites Lernen zeigen, dass sich so motorische Fertigkeiten und Fähigkeiten effektiver, stabiler, nachhaltiger und vor allem kreativer entwickeln. Das geht bis zum differenziellen Lernen, in dem vollständig auf eine festgelegte Zielsetzung wie eine „Idealtechnik“ verzichtet wird und das Vertrauen in die „Selbstorganisationsfähigkeit“ selbstverständlich ist.

Replay the streets

“We have found that the loss of street football and kids playing freely outside and being stuck behind computers or on iPads means that we are now need to find a solution. As a result, we are building a Feyenoord playground where the kids will arrive an hour before the session and just play without coaches. That free play is a our way of recreating street football.” (Glenn van der Kraan, Feyenoord Soccer Academy)

Constraints

Constraints led or is there more? Back to the question.

Can we say, that the sportive action in this picture shows elements of differencial learning in tennis? Constraints change seeing, hearing, time, speed, field size, target, emotion,…

(Thx Mark O Sullivan for the picture, Mark is doing a wonderful job at AIK Stockholm and is writing about constraints led coaching, childrens rights in sports and more on the blog „Player development project„)

Wolfgang Schöllhorn, who has thought and researched about the best way of learning skills in sports, is helping me to understand the differences between Differential learning (DL) and the Constraints Led Approach (CLA) fixing one’s eye on the picture above.

„This is a nice example for explaining the difference of constraints led approach and differencial learning 😉 . Here you see extraordinary constraints in order to feel what you should not do in future (variant of contrast learning). But this only would become differencial learning if the boundary conditions would change next time, e.g. if the „other side“ would change the flying objects (size or speed) or if this guy would change his glasses, the mask, the racket, the technique, the target … next time. In differencial learning it is rather about the rate of change of boundary conditions, it is less about the stressful constraining situations that should be avoided next time. ;- ) “

from a facebook discussion

Different ways to go

Differential learning, forehand, dito backhand, dito volley.
Player is starting in the hoop. In the setting he hits the ball and goes back to the hoop, following the red mark.

Variation: mark in front, mark in the back, different starting positions in the hoop; ballthrow from different positions; ballfeed with racket from different positions;…

No explicit advice about stroke technique; high intensity; using stage of fatigue; no repetition, setting additional targets: net high/low; targets on the other court-side; …

 

Differential learning enhances skills

from Ian Renshaw, Keith Davids et al: Motor Learning in Practice – A constraints-led approach. New York 2010, p. 79

Prof Wolfgang Schoellhorn has published about new methods in motor learning in sports research. His studies about differential learning form one of the most important fundamentals in our learning and coaching approach.

We transform this theory in games and drills for tennis. In the book „Motor learning in practice – a constraints led approach“ published by Jan Renshaw, Keith Davids and others, Schoellhorn describes in the article „Stochastic perturbations in athletics field events enhance skill acquisation“ of 2010 why differential  learning improves processes in comparison to traditional methods  significantly.

But read here: Stochastic perturbations in athletic field events

New visions

LogoThe Heidelberger Ballschule is coaching basics for ballgames. Frercks Hartwig from innercoaching-blog.de is working with this institution since November 2017. The structure and the goals are very similar to our Inner Coaching philosophy and focused on gamebased and implicit learning without technical instructions.

Denken, Sprache, Wurst und Aufschlag

Wahrscheinlich stimmen Sie mir mir überein, dass der gleiche Sachverhalt in unterschiedlicher Darstellung auch unterschiedliche Wirkung auf Sie haben kann: „Aufschnitt, der als 90 % fettfrei beschrieben wird, ist anziehender als Aufschnitt mit 10% Fett!“ (bei den meisten Menschen) oder „Die Überlebenswahrscheinlichkeit liegt innerhalb des ersten Monats nach der Operation bei 90 %“ klingt besser als „Die Sterblichkeit innerhalb eines Monats nach der Operation liegt bei 10 %!“

Nicht anders ist es mit folgender Formulierung, die Sie sicherlich aus dem Trainings- und Wettkampfalltag kennen: Denken, Sprache, Wurst und Aufschlag weiterlesen

Ist der Coach im Inner Coaching überflüssig?

Wenn ich vor Kolleg_innen über „Inner Coaching“ referiere oder wenn ich Trainingsteilnehmern unsere Coaching-Philosophie erkläre, dann kommt oft – zu recht – die Frage: „Brauche ich dann überhaupt noch einen Trainer, wenn es auch ohne verbale Technikanleitung (Griffhaltung, Schwung, Körperstellung, Fußstellung, …..) geht?“

Viele Tennisspieler, auch Beginner, gehen davon aus, dass es die Aufgabe des Coaches ist, Spielern zu zeigen und zu erklären, wie Tennis geht, was „richtig“, was „falsch“ ist. Hier brauche ich als Coach ein breites Rückgrat, um nicht sofort dieser Erwartungshaltung der Spieler gerecht werden zu wollen. Es bedarf eines fundierten Fachwissens über motorisches Lernen, Inner Coaching, neurobiologische und sportpsychologische Zusammenhänge. „Zurückhaltung“ und ein Vertrauen in die eigene Trainingsphilosophie sind notwendig. Kurz und prägnant hat das unter anderen Dirk Schwarzer beim DTB-Trainerkongress 2013 auf den Punkt gebracht: Halt einfach mal die Klappe, Coach! Ist der Coach im Inner Coaching überflüssig? weiterlesen

Aus der Balance in die Balance

padDrill zur Verbesserung der Beinarbeit, der Balance und damit der Grundschläge, Drill zur Technikentwicklung nach Inner Coaching Prinzipien (differenzielles Lernen):
Stehe einbeinig auf dem Balance-Pad und starte von dort aus zum Vorhand- oder Rückhandschlag (Ballzuspiel oder -zuwurf von Coach). Bei der Rückhand (Rechtshänder) starte mit dem rechten Fuß auf dem Pad. Bei der Vorhand starte auf dem linken Bein.
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