Schlagwort-Archive: paradoxe Interventionen

Praktizierter Unfug

Von Holger Geschwindner haben wir schon erzählt. Er ist der Jugendcoach von Dirk Nowitzki. Die Süddeutsche berichtet über einen Vortrag des Ausnahmetrainers vor Münchner Student*innen.

Wie immer sind seine Trainingsmethoden paradox, differenziell, implizit, spielerisch und ganzheitlich. Das gefällt uns 😉 .

Zum Nachlesen: Süddeutsche

 

 

Volleyblog

Es ist für uns als Trainer hilfreich, wenn wir denken, dass wir wissen, was wir tun. Dann können wir i.d.R. auch die Frage nach dem “Warum wir etwas tun” beantworten. Ob das, was wir tun, aber immer auch den Effekt hat, den wir erwarten, also “gut” ist, ist nicht verlässlich. Wir behelfen uns mit einer Konstruktion, die wir an unserem Welt- und Menschenbild und an unseren individuellen Erfahrungen festmachen. Die von uns betreuten Sportler_innen sind jedoch in ihrer Einzigartigkeit und im Kontext ihres Bezugssystems immer anders.

In der systemischen Beratung und im Tennistraining habe ich die Erfahrung gemacht, dass Interventionen des Trainers auch genau den gegenteiligen Effekt haben können. Unabhängig davon, ob der Trainer die Maßnahme bestens begründen kann. Besonders deutlich wird das im Tennistraining bei der methodisch-traditionalistischen Vorstellung von der “richtigen Schlagtechnik”. Wenn der Trainer eine konkrete Vorstellung von der “richtigen” Schlagtechnik hat und dazu auch die entsprechenden methodisch-didaktischen Ideen, dann ist das aus der Sicht des Trainers “gut”. Es hat sich aber in Untersuchungen zum Tennistraining gezeigt, dass eine festgelegte Technikvorstellung die motorische und sportartspezifische Entwicklung verlangsamen, wenn nicht behindern kann.

Es scheint eben so zu sein, dass “paradoxe” Interventionen und Trainingsmaßnahmen, die sich erstmal nur aus ihrer Wider-Sinnigkeit erklären lassen, die Entwicklung des Sportlers beschleunigen können. Wenn ich zum Beispiel den Tennisspieler im Training “zum Tanz” auffordere und dies in Schlagsituationen einbaue, dann erscheint das erst mal paradox. Ob es gut ist oder nicht, ist für mich nicht direkt ersichtlich (außer wenn ich es für erforderlich halte, das Ergebnis in meine “Wirklichkeitskonstruktion” einzubauen).

Woran kann ich dann erkennen, ob die Maßnahme “gut” war? Am sportlichen Erfolg?

Vom „Flutschen“ einer Bewegung

Trainingsformen aus dem Differenziellen Lernen sind mittlerweile ein wichtiger Bestandteil in unserem Inner Coaching Übungsrepertoire. Dort finden wir wunderschöne „Trick-the-mind-drills“ und paradoxe Interventionen, die das Bewegungslernen erleichtern.

Es hat sich in unserem Training gezeigt, dass die Entwicklung einer erfolgreichen (!) Technik dann auftritt, wenn die Spieler_innen in einen Zustand der Ermüdung kommen. Dann werden die Schläge flüssiger und „lockerer“ (die Vorstellung einer „richtigen Technik“ halten wir für fragwürdig und haben wir inzwischen aufgegeben bzw zumindest „zurückgestellt“).

Folgende Erklärungen erscheinen uns sinnvoll: Vom „Flutschen“ einer Bewegung weiterlesen

Paradoxe Intenvention beim Aufschlag

Spieler_innen, die beim Aufschlag den Ball immer deutlich zu lang spielen, kann folgende paradoxe Intervention helfen: „Spiel den Aufschlag ein paar Mal zuerst in Dein eigenes Feld, so dass er erst nach dem Aufsprung das Netz überquert. Danach spiele den Aufschlag wieder direkt ins Aufschlagfeld!“

Gehen viele Aufschläge ins Netz, hilft manchmal folgende paradoxe Intervention: „Spiel den Aufschlag gezielt in den Bereich zwischen T-Linie und Grundlinie!“ oder „Ziele den Aufschlag auf die Grundlinie!“. Durch die Veränderung der Rahmenbedingungen (Zielveschiebung) verändert sich die Aufgabenstellung und dadruch verändern sich wiederum Veränderungen in der Bewegungs- und Körperwahrnehmung. Es kommt für die/den Spieler_in zu „Aha-Erlebnissen, die sich dann auf die ursprüngliche Aufgabenstellung und das Spiel in das eigentliche Zielfeld übertragen lassen. Im Sinne des Inner Coaching wird hier durch eine Veränderung des externen Zieles eine Optimierung der Bewegung erreicht ohne dass Korrekturen an der Technik notwendig sind.

Nach dieser Intervention schlägt der/die Spieler_in wieder ins Aufschlagfeld auf.

Probier es einfach aus, vielleicht hilft es…. verkehrt

 

Paradoxe Interventionen oder „Wie bekommt man die Kuh in den Stall?“

Wie bekommen Sie die Kuh in den Stall? Wie funktionieren paradoxe Interventionen im Tennistraining? In älteren Beiträgen haben wir schon über die Möglichkeiten von „paradoxen Interventionen“ im Tennistraining erzählt. Z.B. bekommen Spieler_innen Beobachtungsaufgaben oder Bewegungsaufgaben gestellt, die auf den ersten Blick völlig widersinnig erscheinen (Zuwurf des Balles vom Coach aus dem Rücken des Spielers, also mit einer Flugbahn, die vom Spieler weggeht oder beim Aufschlagtraining den Spieler auffordern, nur auf seinen „freien“ Arm zu achten)

Oliver Heuler, Golftrainer, hat ein schönes Beispiel für die Wirksamkeit von solchen Interventionen beim Verhaltensforscher Milton Erickson gefunden: „Wie bringt man eine Kuh in den Stall? Zwei Möglichkeiten fallen einem da spontan ein: Ich ziehe sie am Halsband oder ich schiebe sie von hinten. Was aber, wenn beides nicht funktioniert, weil sich die Kuh wehrt? Da hatte Verhaltensforscher Milton Erickson eine Idee: Er zog die Kuh (paradoxerweise) am Schwanz und sofort lief sie in die andere Richtung, geradewegs in den Stall.“ (Oliver Heuler: Technik und Didaktik, S 175, Unterrichtsmaterialien der PGA)