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In Mind 2: Angst vor dem Verlust als Motivation

120 Minuten sind vorbei. Vom Mittelkreis betrachte ich meine Teamkollegen beim Elfmeterschießen. Jetzt bin ich an der Reihe. Unser Trainer ruft mir zu: „Den machst du rein- und wir gewinnen die Nummer!“ … Ich lege mir den Ball zurecht, laufe an, und setze den Ball 2 Meter über den Kasten! Bis vor wenigen Jahren lautete nicht nur die landläufige Meinung:  Wenn du einen Sportler motivieren möchtest, dann musst du ihm positive Anreize setzen. Zeig ihm auf, was das Ziel ist! Führe ihm vor Augen, was er gewinnen kann!
Die aktuelle psychologische Forschung zeichnet jedoch ein anderes Bild: Ob Gewinne wirklich den größten Anreiz ausmachen, hängt von der Persönlichkeit ab.Manche Personen sind allgemein bestrebt, Ziele zu erreichen und Gewinne zu erzielen. Diese Personen zeigen in der Tat bei positiven Anreizen – „Versuche zu gewinnen!“ – bessere Leistung. Aber Vorsicht! Manche Personen konzentrieren sich im Allgemeinen darauf, Verluste zu vermeiden. Bei diesen Personen liegt im Alltag der Fokus auf der Vermeidung von Fehlern. Und eben bei jenen Menschen kehrt sich das Bild um: Sie zeigen eine bessere Leistung, wenn man ihnen aufzeigt, dass bei Versagen ein Verlust droht.
Ein „Wenn du verschießt, verlieren wir!“ verspricht bei diesen Personen das bessere Resultat. Die Instruktion des Trainers will also auf die Persönlichkeit des Spielers abgestimmt sein. Psychologen sprechen in diesem Fall von einer Passung zwischen Instruktion und dem persönlichen regulatorischen Fokus. In der Tat zeigen mittlerweile mehrere Studien, dass sich die Leistung von Fußballern verbessert, wenn es eine Passung gibt (Plessner, Unkelbach, Memmert, Baltes & Kolb, 2009, Vogel & Genschow, 2013).

Was wäre passiert, wenn mir der Coach vor dem Elfmeter gesagt hätte: „Vermassel es nicht, sonst sind wir raus.“ Hätte ich den Ball versenkt? Bei den Befunden ist davon auszugehen, dass es sich um Spieler handelt, die grundsätzlich die fußballerischen Fähigkeiten besitzen, einen Elfmeter sicher zu verwandeln. In meinem persönlichen Fall ist das zu bezweifeln. Die Psychologie kann zwar helfen, das Beste aus dem Sportler rauszuholen. Aber bei zwei linken Füßen wird die Passung von Instruktion und Persönlichkeit zur Nebensache…

Quellen:

aus: “Der In-Mind-Blog”, Autor: Geoffrey Schweizer, Sportpsychologie, Universität Heidelberg – 21.5.2013
Plessner, H., Unkelbach, C., Memmert, D., Baltes, A., & Kolb, A. (2009). Regulatory fit as a determinant of sport performance: How to succeed in a soccer penalty-shooting. Psychology of Sport and Exercise, 10, 108-115.

Vogel, T. & Genschow, O. (2013). When do chronic differences in self-regulation count? Regulatory focus effects in easy and difficult soccer tasks. Journal of Sport & Exercise Psychology, 35, 216-220.