Schlagwort-Archive: Bewegungsrepräsentationen

Ein Lob auf die Familie

Yogi Berra

“Think?! How the hell are you gonna think and hit at the same time?” (Yogi Berra, Baseballcoach) Aus zahlreichen Studien über „Versagen unter Druck“ und von berühmten Coaches wie Yogi Berra wissen wir, dass „man nicht gleichzeitig denken und den Ball schlagen kann“. In schwierigen Situationen (enge Spielstände im Tennis, Putten beim Golf, Strafstoß schießen/werfen …) ist es wenig hilfreich über die richtige Schlag-/Schußtechnik oder gar über das mögliche Scheitern nachzudenken. Die Inanspruchnahme des präfrontalen Kortex beim bewussten Nachdenken verlangsamt und behindert den Zugang zu automatisierten und schon häufig erfolgreich verwendeten Bewegungen. Das hat Mitko in einem früheren Beitrag in der „Paralyse durch Analyse“ treffend beschrieben. Hier greifen auch die von ihm in dem Beitrag https://www.tms-tennis.de/inner-coaching/choking-under-pressure/ beschriebenen Rituale.

Die Verlangsamung der Bewegungsausführung beim Nachdenken über eben selbige lässt sich wunderbar neurobiologisch messen. Das gilt nicht nur für den Experten. Sogar beim Bewegungslernen kann das Nachdenken über die „richtige Technik“ den Zugang zu bereits vorhandenen und übertragbaren Bewegungslösungen behindern. Bewegungen wie Werfen, von unten nach oben, über Kopf, seitlich,… gehören in die gleiche Bewegungsfamilie wie Vorhand-, Rückhand- und Aufschlag in den Rückschlagspielen. Explizite Erklärungen der Schlagtechnik bedürfen einer Verarbeitung im Frontallappen des Gehirns. Zusätzlich verengt die explizite Technikanleitung den Fokus. In der Forschung nennt man das „Inattentional Blindness“. Der Fokus auf die Umsetzung einer explizit vorgegebenen Bewegungsausführung zwingt uns dazu, alternative und kreative Bewegungslösungen zu übersehen.Beides kann beim Beginner und Fortgeschrittenen motorisches Lernen, Kreativität, Technikentwicklung und eben den Zugriff auf schon Vorhandenes behindern.

Deshalb ist die spielerische und ohne Technikinstruktionen auskommende Ballschule in der Vorbereitung auf das Tennis so wichtig. Deshalb sind spielerisches, implizites und differenzielles Lernen ohne Technikinstruktionen im Sport möglicherweise effektiver. Für die Technikentwicklung und für den Tennisexperten in engen Matchsituationen.

Juggling with the soccer ball

Frieder Beck („Sport macht schlau“, Berlin, Goldegg-Verlag, 2014) verdanke ich eine nette Anregung zur Beschreibung und Überprüfung unserer Inner Coaching Gedanken: Übe Dich im Jonglieren mit dem Fußball.

Anhand dieses Beispiels lassen sich auch die Ergebnisse aus der Neurobiologie und der Gehirnforschung beschreiben. Mit Gehen lernen und dem Jonglieren von Bällen mit den Händen habe ich schon gezeigt, wie der Mensch implizit (aus der Situation sich ergebend) und ohne explizite Anleitungen (das wären die Beschreibungen einer „richtigen“ Technik) lernt. Entscheidend für das Denken des Lernenden ist der Effekt der Bewegung Juggling with the soccer ball weiterlesen

Dopamin, Synapsen und Bewegungsrepräsentationen im Gehirn

http://www.goldegg-verlag.at/wp-content/uploads/2014/07/Beck-Frieder-copyright-Privatfoto.jpg

Vor wenigen Monaten hat mich Frieder Beck, Sportwissenschaftler, Hirnforscher und Trainer der deutschen Nationalmannschaft im Ski-Freestyle auf die Veröffentlichung seines Buches „Sport macht schlau“ aufmerksam gemacht.

Letzte Woche habe ich das Buch ausgepackt und angefangen zu lesen. Und ich bin gefesselt! Auch wenn ich manche Ausführungen zu den Zusammenhängen zwischen Neurologie, Sport und Lernen zweimal lesen muß, hatte ich lange nicht mehr so viel Spaß mit einem Fachbuch. Besonders das Kapitel „Wie die Bewegung in den Kopf kommt“ liefert mir neues Hintergrundwissen zum Bewegungslernen und viele Anhaltspunkte, die unseren Inner Coaching Ansatz unterstützen. Hier ein Auszug aus einem Interview mit dem ORF am 12.12.2014:

Besonders spannend, dass Beck als Beispiel den Tennisvorhandschlag aufgreift und daran das Bewegungslernen beschreibt.

Deshalb nutze ich die freien Tage zum Lesen und werde Euch dann demnächst über Neues aus der Neurowissenschaft und dem Bewegungslernen informieren können.