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Nuhr und die Fehlerkorrektuhr

„Tennis auf der Tour kriege ich meistens nicht hin. Ab und zu lasse ich mir in …… bei der …..-Academy zeigen, was ich alles falsch mache. Die sind sensationell. Leider finden sie immer was Neues…“ (Dieter Nuhr)

Mit einer netten Werbekampagne mit ansprechenden Texten und Bildbeiträgen hat der Deutsche Tennisbund eine Initiative für den Tennissport gestartet.  Unter anderem gibt es Interviews mit Prominenten aus Sport und Gesellschaft zum Tennis und speziell zu ihrer eigenen Tennisperformance.

Interessant fand ich nun aus unserer Lern- und Lehrperspektive die Antworten von Comedian Dieter Nuhr. Auf die Frage, wie häufig er denn Tennis spiele, hat er mit obigem Satz geantwortet. Leider ist das die übliche Wahrnehmung von Tennisspieler*innen. Wenn der Trainer sie nach ihren Anliegen und Trainingszielen befragt sagen die meisten: „Sag mir meine Fehler und korrigiere sie.“

Das widerspricht nun doch sehr unserer Inner Coaching Trainingsphilosophie ;-). Zum einen führt die Fokussierung auf „Fehler“ zu einer negativen Denkschleife und zum anderen sind Fehler die Grundlage der Entwicklung. Diese Entwicklung wird von unseren Coaches unterstützt durch 1. Gespräche mit dem Spieler, 2. durch eine Fokussierung auf die Stärken und 3. durch die Unterstützung der Technik- und Taktikentwicklung durch Veränderung der Rahmenbedingungen und Aufgabenstellungen (constraints) ohne explizite Korrekturen und Anleitungen.

Constraints

(for the english text scroll down, thx)

In einem systemdynamischen und non-linearen Lernansatz geht es darum, über die Veränderung der Rahmenbedingungen und der Aufgabenstellungen den Spieler*innen eine individuelle Entwicklung von Technik und Taktik zu ermöglichen. In diesem auch „constraints-led-approach“ genannten Zugang fordern neue Situationen neues Denken und neue Lösungen heraus. Dieser Ansatz ist nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung effektiver und nachhaltiger als der traditionelle methodische Ansatz in dem der Coach der Experte für die Lösungswege ist und diese vorgibt (v.a. bei der Technikentwicklung).

In einer non-linearen Pädagogik ist es aber trotzdem noch zu oft der Coach, der die Rahmenbedingungen verändert um ein von ihm vorgegebenes Bewegungsziel zu erreichen oder um eine bestimmte nach seiner Erfahrung erfolgreiche oder in Lehrbüchern beschriebene  Technik-/Taktikvariante zu „provozieren“. http://www.tms-tennis.de/inner-coaching/happy-easter-or-the-easter-bunny-pedagogy/

Das differenzielle Lernen  (nach Wolfgang Schöllhorn) geht da deutlich weiter und überlässt den Spieler*innen die Suche nach individuellen Lösungen für neue Aufgabenstellungen. Die Rahmenbedingungen werden ständig verändert und nicht wiederholt (ständige Variation). Dabei können auch „Fehler“ eingebaut werden. Dies entspricht einer konsequenten Umsetzung systemtheorischen Denkens in dem der Coach vollständig auf die Selbstorganisationsfähigkeit der Spieler*innen vertraut. Neue Erkenntnisse aus der Kreativitätsforschung im Sport unterstützen dieses Denken.

In der im folgenden beschriebenen Trainingseinheit Constraints weiterlesen

Lob dem Fehler…

hh (394x400)Im „methodischen Traditionalismus“ werden Fehler vom Trainer als Abweichungen von der „optimalen Bewegungsausführung“ interpretiert. Rückmeldungen zielen daher auf eine Korrektur der vermeintlich falschen Bewegungsausführung: die Bewegung wird solange korrigiert, bis sie der Bewegungsvorstellung des Trainers entspricht.

Im Inner Coaching gibt es kein falsch oder richtig. Vermeintliche „Fehler“ sind wichtige Schritte bei der Entwicklung einer individuellen und effektiven Lösung von Bewegungsaufgaben.

(vlg. Systemdynamik, Differenzielles Lernen, Zen)