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Heute schon gelobt?

Es gibt in der pädagogischen Psychologie ein interessantes Phänomen. Hieß es früher, „Hast Du Dein Kind heute schon gelobt?“, war das sicher eine notwendige Empfehlung um das Verhältnis zwischen Kindern und Erwachsenen zu entspannen und die bis dahin üblichen Umgangsvorstellungen von Zucht und Ordnung zu relativieren. Doch wie bei so vielen Dingen in der Kommunikation kam es häufig auch zu „ungesunden“ Übertreibungen. Heut warnen Psychologen und Pädagogen davor, dass ständiges Loben zu so etwas wie einem Realitätsverlust und zu einer Abhängigkeit führen.

Was das mit dem Sport zu tun hat?

Vielleicht kennen Sie den folgenden Trick aus der „psychologischen (Tennis-)Kriegsführung“. Wenn Sie beim Seitenwechsel im Tennismatch Ihren Gegner loben und ihm von Ihrem Staunen über seine „heute so tolle Vorhand“ berichten, dann können Sie davon ausgehen, dass er/sie in den nächsten Ballwechseln beginnt, über diese Vorhand nachzudenken und danach vielleicht keinen Ball mehr trifft (über das was passiert, wenn wir anfangen über die Bewegung nachzudenken, haben wir in diesem Blog ja schon viel geschrieben).

Ein ähnliches Phänomen ist auch im Aufschlagtraining zu beobachten: wenn ein Spieler mehrere gute Aufschläge hintereinander gespielt hat und ich ihn dafür lobe, dann gehen in 90 % der Fälle die nächsten Aufschläge daneben.

Also nicht mehr loben im Tennistraining und beim Matchcoaching? Das ist wohl auch nicht sinnvoll und authentisch. Doch sparsam mit Lob umzugehen, authentisch und „angemessen“ zu bleiben scheint erfolgversprechender zu sein!

There is an interesting phenomenon in educational psychology. While previously „have your child already praised today?“ was certainly a necessary recommendation to the relationship between children and adults to relax and to relativize the usual handling notions of discipline and order. However, as with so many things in communication, it often came to „unhealthy“ exaggerations . Today psychologists and educators warn, that constant praise may lead to dependence and to something like a loss of reality .

What does this have to do with sports?

Maybe you know the following trick from the „psychological (tennis) warfare“: if you praise your opponent at the fieldchange in a tennis match and report to him about your amazement of his „today so great forehand“, you can assume, that he/she begins to think about this forehand and in the following rallies he will choke (about what happens when we start to think about the movement , we have in this blog already written a lot) .

A similar phenomenon can also be observed in service training: if a player has played several good serves after the other and you praise him for it, in 90 % of cases the next serves are out or in the net.

So no more praise in tennis training and coaching? This is probably not meaningful and authentic. But sparing use of praise to remain authentic and „appropriate“ seems to be promising !

 

Alles im Fluss…

FH1 (615x640)„Inner Coaching“ beschreibt die Trainingsphilosophie der Tennisschule TMS. Dabei haben sich die Inhalte unseres Trainings in den vergangenen Jahren immer wieder verändert. Das hat sicherlich auch mit dem Zen-Anteil in unserer Philosophie zu tun: „Alles ist im Fluß“. Aus systemisch-konstuktivistischer Sicht würden wir sagen: „Nichts ist, wie es scheint!“

„Inner Coaching“ ist für uns zu einem Begriff für unser Vermittlungsmodell im motorischen Lernen, speziell im Tennissport geworden. Dabei greifen wir auf neuere Forschungsergebnisse zurück: Aufmerksamkeitsfokus und motorisches Lernen, differenzielles Lernen, neurologische Studien zum „Choking under pressure“-Phänomen, non-direktive Pädagogik und andere Forschungsergebnisse verknüpfen wir mit Bewährtem aus unseren (Trainings-)Erfahrungen.

Deshalb finden sich in unserem „Inner Coaching“-Verständnis viele Unterschiede zu anderen Inner Coaching-Modellen und -ideen. Oft denken wir deshalb darüber nach, einen neuen Begriff zu wählen, um Unterschiede deutlich zu machen. Vielleicht irgendwann mal.

Mit unserer Trainingsphilosohie, die viel mit unserem Menschenbild zu tun hat, ist es möglich, weitestgehend auf technische Anleitungen und direkte Bewegungskorrekturen, wie wir sie im traditionellen Tennisunterricht immer noch beobachten können, zu verzichten.

In Mind 1: Mit geballter Faust zum Erfolg…

Viele Sportler zeigen unter Druck schlechtere Leistungen als sie eigentlich drauf haben. Eine neue Studie legt ein einfaches Gegenmittel nahe: Einfach ein paar mal die linke Faust ballen (zumindest, wenn man Rechtshänder ist…)!

In besonders wichtigen Spielsituationen nimmt die Leistung vieler Athleten ab („Choking-Under-Pressure-Effekt“). Eigentlich sicher beherrschte Leistungen wie zum Beispiel Elfmeter gelingen nicht mehr. Eine Erklärung für diesen Leistungsabfall geht so: Um eine gut beherrschte sportliche Leistung erfolgreich auszuführen, müssen wir uns auf gut gelernte Handlungsmuster verlassen. Diese sind sozusagen in der rechten Gehirnhälfte angesiedelt. Druck führt aber dazu, dass wir die linke Gehirnhälfte aktivieren, was wiederum zu ablenkenden Gedanken führt. Dadurch wird die sportliche Leistung schlechter.

Interessanterweise sind unsere Hirnhälften sozusagen über Kreuz mit unseren Körperhälften verschaltet: Die rechte Hirnhälfte ist für die linke Hand zuständig, und umgekehrt. Gleichzeitig führen Bewegungen der Hände zu Aktivierungen der entsprechenden Hirnhälften. Daraus leitete eine Gruppe von Wissenschaftlern der Uni München eine faszinierende Idee ab: Bewegungen der linken Hand könnten den Choking-Effekt verhindern, weil sie die rechte Hirnhälfte aktivieren. Die Hirnhälfte also, deren Aktivität förderlich für sportliche Leistung unter Druck ist.

Ihre Annahme testeten die Wissenschaftler in einer Reihe von Experimenten. Diese waren alle ähnlich aufgebaut: Zum Beispiel mussten erfahrene Fußballer einmal ohne Druck auf eine Torwand schießen und einmal mit Druck. Bevor der Wettbewerb losging wurden die Fußballer in 2 Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe musste vor dem Schießen einen weichen Ball mit der linken Hand drücken, die andere Gruppe musste genau den gleichen Ball mit der rechten Hand drücken. Für die rechte-Hand-Gruppe zeigte sich der klassische Choking-Effekt: Sie schossen mit Druck schlechter als ohne Druck. Für die linke-Hand-Gruppe galt dies nicht: Sie schossen ohne Druck und mit Druck gleich gut. Diesen Befund fanden die Autoren in zwei weiteren Experimenten mit anderen Sportarten (allerdings ausschließlich rechtshändigen Teilnehmern) wieder.

Also: Wenn Sie sich nächstes mal in einer entscheidenden Spielsituation (Elfmeter, Golfputts, etc.) befinden, ballen Sie vor der Handlungsausführung ein paar mal die linke Faust!

Quellen:

aus: „Der In-Mind-Blog“, Autor: Geoffrey Schweizer, Sportpsychologie, Universität Heidelberg – 09.04.2013

Beckmann, J., Gröpel, P., & Ehrlenspiel, F. (2012, September 3). Preventing motor skill
failure through hemisphere-specific priming: Cases from choking under pressure. Journal of Experimental Psychology: General. Advance online publication. doi:10.1037/a0029852

Trick the mind „Classics“

Das Folgende hört sich an wie eine klassische „Trick the mind“ Übung. Die Autoren einer aktuellen Studie gehen davon aus, dass mit der Aktivierung der rechten Gehirnhälfte bei Sportlern das „Nachdenken über die Technik“ in Angst- und Stressituationen, dass vor allem in der linken Gehirnhälfte abläuft, gedämpft wird. Dies könnte, bei Rechtshändern, über eine bewußte körperliche Betätigung mit der linken Hand, wie zum Beispiel das Drücken des Tennisballs geschehen.

Sportpsychologen der Universität Potsdam haben jedenfalls untersucht, warum manche Sportler unter Belastung versagen. Eine typische Situation ist der Elfmeter im Fußball. Eigentlich hat der Schütze große Chancen: etwa 80 Prozent aller Schüsse gehen „rein“. Doch bei manchen Spielern scheint in dieser Extremsituation das Gehirn auszuschalten. Der Torwart versucht die nervliche Belastung oft noch zu verstärken, indem er dem Schützen etwas Provozierendes zuruft oder auffällig mit den Armen rudert. Bei Golfspielern, die unter Stress versagen, haben Forscher per EEG untersucht, was sich in deren Gehirn abspielt. Ergebnis: Die linke Gehirnhälfte ist unter Druck viel aktiver als die rechte – ein deutliches Zeichen, dass das Gehirn die Situation analysiert. „Dieser neurobiologische Befund erklärt sehr gut schon länger bekannte Beobachtungen“, sagt Sportpsychologe Jürgen Beckmann. „Die bewusste Aufmerksamkeit wird auf die Bewegung gelenkt. Das, was man bislang automatisch ausgeführt hat, will man unter Stress ganz besonders gut machen. Man denkt über die Technik nach – und das geht schief.“

Beckmann überlegte sich eine einfache Methode, um das Gehirn der gestressten Spieler zu überlisten. Seine Idee: die rechte Gehirnhälfte aktivieren, um die linke zu dämpfen. Als Aktivator wählte er die linke Hand. Sie schickt ihre gesamte Information in die rechte Hirnhälfte. Beckmann ließ die Sportler vor der kritischen Situation einen kleinen Ball mit der linken Hand drücken. Die ersten Erfahrungen mit Golfern und Läufern bestätigen seine Hypothese. Ihre Leistungen unter Druck verbesserten sich. Ob allerdings die neurobiologische Erklärung richtig ist, wissen die Sportpsychologen nicht. In ihren Kontrollexperimenten stellten sie fest, dass das Balldrücken seltsamerweise auch die Lernfähigkeit verbesserte. Schön wäre es natürlich, wenn das Handtraining mit dem kleinen Ball auch dem großen Ball ins Tor verhelfen würde – aber ob das funktioniert, müssen die Potsdamer noch testen.

http://health.usnews.com/health-news/news/articles/2012/10/05/clenched-hand-may-prevent-choking-under-pressure