Archiv der Kategorie: Kontroverse

Grenzüberschreitungen

Differenzielles Lernen und der „Constraints -Led-Approach“ (CLA) stehen sich manchmal recht unversöhnlich gegenüber und versuchen sich voneinander abzugrenzen. Dabei bieten beide Ansätze in der Praxis, sofern sie einem non-linearen Denken folgen und nicht als Instrumente zum Erreichen eines vorgegebenen Bewegungsziels benutzt werden, den Athlet:innen den Spielraum zur Entwicklung innovativer, kreativer und individueller Bewegungslösungen in den Sportspielen.

Wir haben einfach mal die künstliche Intelligenz ChatGPT gefragt, wie sie das sieht und sind von der Antwort sehr angetan.

„Differenzielles Lernen im Sport und der Constraints-Led Approach sind zwei Ansätze, die sich mit der Bewegungslernen und -entwicklung im Sport beschäftigen. Obwohl sie unterschiedliche Schwerpunkte haben, gibt es einige Verbindungen zwischen ihnen.

Differenzielles Lernen betont die Anpassungsfähigkeit und Individualität des Lernprozesses. Es legt den Fokus darauf, dass Sportlerinnen und Sportler durch das Erkunden und Experimentieren mit verschiedenen Bewegungsmustern ihre eigenen Lösungen für Bewegungsaufgaben finden. Dabei werden sie ermutigt, ihre Bewegungen kontinuierlich anzupassen und zu verändern, um optimale Lösungen zu finden.

Der Constraints-Led Approach hingegen betont die Rolle der Umwelt- und Kontextbedingungen bei der Bewegungsentwicklung. Er betrachtet Bewegung als das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels zwischen individuellen Fähigkeiten, den Anforderungen der Aufgabe und den Umweltbedingungen. Durch das Manipulieren dieser sogenannten „Constraints“ (Einschränkungen) können Bewegungsmuster und -strategien beeinflusst und optimiert werden.

Die Verbindung zwischen beiden Ansätzen liegt darin, dass sie sich auf die Individualität und Anpassungsfähigkeit des Bewegungslernens konzentrieren. Sowohl differenzielles Lernen als auch der Constraints-Led Approach erkennen an, dass es keine universelle „richtige“ Bewegung gibt, sondern dass Bewegungsaufgaben und -lösungen individuell und kontextabhängig sind. Beide Ansätze fördern ein exploratives Lernen, bei dem Sportlerinnen und Sportler ihre eigenen Bewegungslösungen entwickeln und optimieren können.“

English

Traditional or CLA

COACHING & SPORT
SCIENCE REVIEW

Comparing the traditional and constraints-led approaches to skill acquisition in tennis. By Luke Regan, The Sports Think Thank, United Kingdom. August 2021

Regan comes to the conclusion:
„Manipulating constraints is not new to coaching per se, coaches have always utilised tasks and environments in ostensibly similar ways. But in order to maximise their effectiveness, the CLA and its theoretical foundations provide a basis for using constraints in a way that assumes a model of behaviour profoundly different from the traditional, cognitive approach of transforming ‘one size fits all’ technical information into procedural knowledge will not be optimal if deployed as part of a prescriptive coaching style. The CLA is the use of interacting constraints to facilitate the emergence of functional behaviour through self-organisation, not to simply provide opportunities for a player to execute a pre-established technique dictated by a coach. Ongoing developments in psychological theory are continuously informing best practice in skill acquisition and, far from being locked into the assumption that skills can only be coached through the prescriptive transmission of expert information, coaches are encouraged to explore more ecological and implicit approaches to developing skill in tennis players.“


Der Mythos der korrekten Technik

Zwei Kinder, welche Fußball spielen.

Ein Beitrag von outoftheb-ox über die Theorie der Entwicklung motorischer Fähigkeiten, den Mythos der korrekten Technik, Variabilität im Körper und Variabilität in der Bewegung.

Fazit: „Bewegungsvariabilität sollte im Training gefördert werden, um die Anpassungsfähigkeit von Bewegungslösungen zu verbessern und folglich nicht nur die sportliche Leistung der Sportlerin zu steigern, sondern auch das Verletzungsrisiko zu verringern. Das Üben einzelner Bewegungen zum Erlernen der “korrekten Technik” sollte vermieden werden. Stattdessen empfiehlt es sich das Training in einer realitätsnahen Situation durchzuführen, die es der Sportlerin erlaubt Umweltfaktoren wahrzunehmen und auf diese agil und variabel zu reagieren.“

„Essentially, all models are wrong, but some are useful“


George Box

https://www.outoftheb-ox.de/technik-variabilitat/

Action approach

Die Beschreibung moderner Trainings- und Lernansätze aus der Sicht des Deutschen Skiverbands (2017). Zu den handlungsorientierten Ansätzen gehören der Constraints Led Approach und das differenzielle Lernen.

„In der Literatur existieren zahlreiche Theorien zum motorischen Lernen. Im Wesentlichen lassen sich die unterschiedlichen Ansätze nach zwei gegensätzlichen Herangehensweisen unterscheiden. Zum einen spricht man von „motor approaches“ (motorischen Ansätzen), zum anderen von „action approaches“ (Handlungsansätzen). „

https://rtp-alpin.deutscherskiverband.de/trainingstheorie/bewegungslehre/theoretische-lernansaetze/

Der Effekt variablen Trainings – eine ITF Studie

Vielen Dank an Prof. Wolfgang Schöllhorn, der mir diesen spannenden Text zur Verfügung gestellt hat.

Die 2019 von Michael Davis Higuera

30+ "Michael Higuera" profiles | LinkedIn
Michael Davis Higuera

in der ITF Coaching Review vorgestellte Studie über „Execution redundancy: the effect of varying
technique for a similar outcome on player’s groundstroke performance“ liefert spannende Ergebnisse zum Variabilitätslernen im Tennistraining. Untersucht wurde die Wirkung von variableren Anforderungen im Vergleich zu einer geringeren Variabilität.

Er kommt zum Ergebnis, dass bei fortgeschrittenen Vereinstennisspieler:innen eine hohe Variabilität zu schnelleren Fortschritten in der Technikentwicklung führt als in Trainingsangeboten mit einer geringen Vielfalt an Aufgabenstellungen.

Interessant, dass Higuera aus seiner Untersuchung auch Schlüsse zieht, die nicht Inhalt der Studie sind. So liefert die Studie keinen Beleg für die These, „dass der erfahrene Coach schon weiß, was zu tun ist“. Auch kann so nicht die Frage beantwortet werden, ob Variabilität nicht bereits im Lernprozess beim Beginner effektivere Lernfortschritte begünstigt. Auch ist schwer verständlich, warum „biomechanische Grundprinzipien“ vermittelt werden und erst die Grundtechniken stabil sein müssen um gezielt auf das Variabilitätslernen zurückgreifen zu können. Higuera weist gleichzeitig auf die hohe Variabilität der Bewegungsausführungen in der Anfangsphase des Tennislernens hin. Higuera sieht die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen, ohne aber auf die bereits schon länger vorliegenden Ergebnisse aus dem Differenziellen Lernen (Wolfgang Schöllhorn und andere), dem Constraints Led Approach (Mark O Sullivan und andere) oder der Nonlinearen Pädagogik (Jian Yi Cow, Ian Renshaw und andere) zurückzugreifen. Dass die Studie von 2019 ist, weist dazu auf die Schwerfälligkeit bei der Forschung zum motorischen Lernen im Tennis hin.

Aus der Studie:

Conclusion:
The results suggest that asking players to vary technique slightly for similar outcomes can speed up learning. However, it is important that this type of coaching still follows other well-established coaching principles, sound biomechanical and sound technical principles in order to maximise efficiency and effectiveness.

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Mythen

Das Tennistraining steckt voller Mythen. Coaches sind wahre Zauberkünstlerinnen (a), wenn sie mit überraschenden Tipps ihre Kundschaft ins Staunen bringen. Viele dieser „Tipps“ sind so mystisch, dass sie die Spielerinnen (a) regelrecht in einem Zustand der Verwirrung zurück lassen. Dass diese Tipps häufig gar keinen evidenzbasierten Hintergrund haben macht sie nicht weniger geheimnisvoll und den Coach noch mehr zur Expertin (a).

Die Welle reiten….

„Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen,…“ ist ein Zitat des vorsokratischen Philosophen Heraklit. „Man kann nicht zweimal dieselbe Welle reiten…“ ist eine Beobachtung aus obigem Video, aufgenommen an der Eisbachwelle in München.

Lässt sich diese Analogie auf Spielsportarten übertragen? Was bedeutet das für das motorische Lernen in den technisch anspruchsvollen Rückschlagspielen, wenn z. B. auch Rafael Nadal darauf hinweist, dass im Tennis kein Schlag wie der andere ist? Dass jeder Ball anders springt. Wenn Wissenschaftler:innen beobachten, dass im Fußball nur etwa jeder hunderttausendste Ballkontakt als identisch beschrieben werden kann?

Im Blog verfolge ich die Idee des differentiellen Lernens und anderer moderner wissenschaftlicher Ansätze zum motorischen Lernen. Das findet dann Anbindung an die Praxis im Tennistraining und sich in vielen Trainingsideen auf diesem Blog oder auf www.tms-tennis.de wieder. Vor allem geht es dabei um die Erkenntnis, dass Lernen, Variation, Vielfalt, Stille und Fehler zusammengehören, dass die bis heute im Training der Spielsportarten bevorzugte ständige Wiederholung der möglichst identischen Situation eher Lernen und Kreativität einschränken.

The one-degree-error and about consequences for your game

Have you ever heard of the „1 degree error“? The slovenian colleague Tomaz Mencinger has calculated on his blog how much the direction of the ball flight changes with a one degree deviation within the contact ball-racket. He calculated this using the simplest of mathematical methods, not including additional factors such as the deviation of the racket position, such as air flow, the condition of the ball, and the tension of the string and neglecting vertical and horizontal deviation of the club position. But he gives us an idea.

He comes to the conclusion that with this minimal deviation in the racket position one misses the aimed target in the playing field by up to 41 cm. Of course, this explains why it is better to play the ball in the middle of the field in pressure situations. Actually mundane knowledge of a successful tactic on the tennis court.

It gets exciting when we consider what neurobiological research tells us about the “choking under pressure” phenomenon or the observation about “paralysis through analysis”.

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Die „1-Grad-Abweichung“ und die Konsequenzen

Schon mal vom „1-Grad-Abweichung“ gehört? Der slowenische Kollege Tomaz Mencinger hat auf seinem Blog ausgerechnet, wie stark sich die Richtung des Ballflugs bei einer 1-Grad-Abweichung beim Treffpunkt Ball-Schläger verändert. Er hat das mit einfachsten mathematischen Methoden berechnet, die zusätzliche Faktoren wie Abweichung der Schlägerstellung, wie Luftströmung, Zustand des Balles, Bespannungshärte. vertikale und horizontale Abweichung der Schlägerstellung vernachlässigen.

Er kommt zu dem Ergebnis, dass man schon mit dieser minimalen Abweichung in der Schlägerstellung das anvisierte Ziel im Spielfeld um bis zu 41 cm verfehlt. Das erklärt natürlich, warum es besser ist, in Drucksituationen den Ball eher in die Spielfeldmitte zu spielen. Eigentlich banales Wissen über eine erfolgreiche Taktik auf dem Tennisplatz.

Spannend wird es dann, wenn wir berücksichtigen, was uns die Forschung der Neurobiologie über das „choking under pressure“ Phänomen oder die Beobachtung zu „Paralyse durch Analyse“ sagt.

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