Archiv der Kategorie: Inner Coaching

Kreativität und Lehrbuch-Regeln

Erinnern Sie sich noch an Björn Borg, den innovativsten und auch zu seiner Zeit erfolgreichsten Tennisspieler aus Schweden, „Erfinder“ der beidhändigen Rückhand, des Topspins und des defensiven Spiels von der Grundlinie? Dieses Zitat von ihm stammt aus einer Zeit, in der das rigide Techniktraining und wie wir es heute nennen, der „methodische Traditionalismus“ vorrangig den Lern- und Trainingsalltag von Tennisspieler_innen jeder Spielstärke bestimmt haben.

(Der Beitrag ist aus der Präsentation zum Workshop „Inner Coaching im Tennistraining“)

Tennis spielen wie ein Samurai

Ulrich Nitzschke unterscheidet in dem Buch „Zen oder Golf spielen wie ein Samurai“ zwei unterschiedliche Formen des Bewegungslernens im Golf. Die rational-intellektuelle Art, in der Bewertungen nach „richtig“ oder „falsch“ eine zentrale Rolle spielen und in der Bewegungsabläufe in Einzelphänomene zerlegt und danach beurteilt werden. Die andere, dem Zen nahe Form, ist die „natürlich-intuitive“ Art des Lernens, in der nicht der Verstand, sondern die Intuition leitend ist und der wir spielend (!) lernen, „wie die Kinder“.

Interessanterweise meint Nitzschke im gleichen Atemzug, dass „Der Golfschüler sich zunächst gründlich all die Kenntnisse über die Golftechnik aneignen soll, die üblicherweise (! F.H.) in den Golfschulen und durch Lehrbücher vermittelt werden“ und der Lernende erst in der zweiten Phase lerne, „sich Schritt für Schritt von den technischen Konzepten und detaillierten Instruktionen der ersten Phase zu lösen.“ Jetzt behalte er und entwickle weiter, „was sich für ihn gut anfühlt“ …. „und Spaß macht“! Dies steht im Widerspruch zu unserer Einschätzung, dass bereits der erste Lernschritt der (spielerischen) Selbstorganisation des Lernenden zugetraut werden kann.

Nitzschke empfiehlt dem Golfer, seinen persönlichen Stil zu entwickeln und stellt in diesem Zusammenhang die in diesem Blog immer wiederkehrende Frage, ob die Vorstellung einer „richtigen“ Technik nicht fragwürdig ist.

Das Buch ist leicht zu lesen und macht die Zusammenhänge zwischen dem Inner Game-Konzept von Gallwey, neueren Erkenntnissen aus der Sportpsychologie und dem Zen deutlich. Inwieweit sich die praktische Anwendung der golfspezifischen Übungen aus dem Buch auf das Tennisspiel übertragen lassen, ist mir noch nicht ganz ersichtlich.

Da es sich beim Golf um „geschlossene Bewegungen“ handelt, bieten sich die von Nitzschke vorgeschlagenen Methoden für den Aufschlag an, der weitestgehend vom Gegner unbeeinflusst ausgeführt wird.

Zombie

ttWas passiert beim Choking under pressure im Gehirn? Betrifft das nur automatisierte Bewegungsabläufe oder betrifft das auch den „Stress“ beim Bewegungs(neu)lernen? dasGehirn.info weiß dazu mehr:

„Ich erlebe es manchmal beim Tischtennis: Denke ich nicht darüber nach, gehen mir die schnellsten Ballwechsel leicht von der Hand, fast wie von selbst. Würde ich beispielsweise darüber grübeln, in welchem Winkel ich den herannahenden Ball schlagen soll. Ich wäre nicht nur zu langsam. Mir ginge es auch ein bisschen so wie dem Hundertfüßer in einer Fabel des antiken griechischen Dichters Äsop: Von einem Frosch befragt, wie er seine vielen Beinchen koordiniert, gerät er unweigerlich aus dem Tritt.“ (Dr. Christian Wolf in: „Wie, wenn ich ein Zombie wäre?“)

Trust in yourself

„Instead we simply had them focus on what was really important to be successful in hitting and pitching and let nature take its course. We trusted in their own ability to learn. Using some of the focus exercises that you demonstrated, we saw improvement happen quickly. By the end of the season our players were at the top of every category measured in hitting and near the top of every category in pitching, coming from the middle of the pack the year before.”

(Sean Brawley, Inner Game Coach, cites the senior vice president of operations of the New York Yankees, after he had a workshop with NY Coaches about „The power of focus“)

Silvester Training

KW32Silvestertag 2013…. und ich bin froh, dass es Klient_innen gibt, die auch an solchen Tagen gerne am Training teilnehmen.

Kreativität hatten wir in einem der letzten Beiträge besprochen (oder eher natürlich ich) 🙂 . Trainings-stunden, die aus der üblichen Trainingsroutine ausbrechen, sind potentielle Ideenstunden.

Herausgekommen ist eine schöne Inner Coaching Stunde mit differenziellem Lernen, Trick-the-mind-Drills und der Beachtung der Kriterien für einen (körper-)externen Fokus. Dank an die Trainingsteilnehmerinnen!

Tai-Chi Chuan und Tennis

Bevor es mir (und Euch) „zu bunt“ und zu verkopft wird – in den vergangenen Posts standen vor allem wissenschaftliche Studien im Vordergrund – möchte ich ein bißchen „runterkommen“. Vielleicht liegt das ja auch an der Weihnachtszeit 😉 .

Deshalb komme ich zu einem anderen wichtigen Element unserer Trainingsphilosophie zurück: Inner Coaching hat in unserem Menschenbild eine Nähe zu fernöstlichen Lebensweisheiten. Zen im Buddhismus, Bruce Lee und die Tierstile im Shaolin sind in diesem Blog ja schon erwähnt worden.

Auch im Tai-Chi Chuan finden wir Bewegungsvorstellungen, die beim Erlernen sportlicher Bewegungen hilfreich sein können:

tai-chi„Die Gedanken loslassen, Schultern und Arme fallen lassen, tief in den Bauch atmen, aus der Hüfte heraus bewegen, das sind die Prinzipien des Tai-Chi Chuan.“ (Zhang Youliang 1992)

Der (motorische) Geistesblitz

Die Lösung von Bewegungsaufgaben hat manchmal viel von einem „Geistesblitz“. Zum Beispiel die Lösung der Frage, „wie werfe ich den Ball an, um einen schnellen Aufschlag zu erreichen?“ oder die komplizierte (spieltaktische und bewegungstechnische) Frage, „wie schaffe ich es, den in der Nähe der T-Linie hoch abspringenden Ball mit hohem Tempo so in das gegenüberliegende Feld zu spielen, dass für mich eine günstige Ausgangssituation für den weiteren Ballwechsel entsteht?“

geistesblitzHenning Beck beschreibt in „Biologie des Geistesblitzes – Speed up your mind!“ (Heidelberg 2013), was in unserem Gehirn passieren muss, um zur „göttlichen Eingebung“ oder weltlich formuliert „zur Lösung des Problems“ zu kommen.

Danach sind folgende Rahmenbedingungen erforderlich, um unserem Gehirn den Zugang zu kreativen Lösungen zu ermöglichen:

  1. Definiere für Dich das Problem!
  2. Leg sofort los mit der Lösungssuche!
  3. Scheitern ist hilfreich!
  4. Mach Fehler!
  5. Brich die Lösungssuche ab!
  6. Mach sofort etwas anderes!
  7. Begib Dich in eine „Wohlfühlumgebung“!
  8. Provoziere Deine Gedanken!
  9. Iss und schlaf!
  10. Humor entspannt
  11. Nutze Deine sozialen Kontakte (Coach, Trainingspartner)!
  12. Vermeide Stress!

Die Problembearbeitung beginnt im präfrontalen Cortex, der Geistesblitz kommt uns (i.d.R.) aber erst, wenn wir die oben beschriebenen Rahmenbedingungen schaffen und das ganze Gehirn nutzen: „Wenn Sie sich in der Assoziationsphase befinden, ihren präfrontalen Cortex etwas von der Aufgabe entbinden und weitere Gehirnregionen durch neue Aktivitäten anregen…“ (Beck 2013, S. 209)

Im Inner Coaching ist es unser Anliegen, diese Rahmenbedingungen für effektives Lernen zu ermöglichen.