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Selbstorganisation

Jürgen Birklbauer, Erich Müller: Motorisches Lernen und  Bewegungskoordination. Die modernen Ansätze der Selbstorganisation versus den klassischen Kontroll- und Steuerungsmodellen.

Der erste Teil diese Arbeitskreises an der Universität Salzburg bot einen kurzen Überblick über die modernen Ansätze der Selbstorganisation („action approach“), wobei deren Kernaussagen den klassischen Kontroll- und Steuerungsmodellen der Kognitionspsychologie („motor approach“) gegenübergestellt wurden. Erstere spannten den Bogen vom bewegungsphysiologischen Ansatz N. A. Bernsteins (Bernstein,1975) hin zum Konzept der Synergetik (Janssen et al., 1996), das zurzeit die Motorikforschung weitgehend beherrscht. Im Gegensatz zu dem computerwissenschaftlich orientierten Ansatz der Informationsverarbeitung, der die menschliche Informationsaufnahme, -verarbeitung und -abgabe als Zusammenwirken quasitechnischer Elemente, wie Informationskanäle, Filter, Prozesse, Speicher, Programme, Regler etc. beschreibt, setzen die ökologischen Modelle einer dynamischen Systemperspektive keinerlei interne Repräsentations-strukturen voraus, um die Kontrolle, Steuerung und das Lernen von Bewegungen zu erklären.

Der phänomenologisch orientierte systemdynamische Ansatz postuliert stattdessen Gesetzmäßigkeiten und Prinzipien,die aus dem Verständnis der menschlichen Motorik als sich selbst organisierendes dynamisches System Bewegungskoordination und -lernen als Ergebnis des Zusammenwirkens zwischen den Teilelementen des Körpers und der Umwelt interpretieren. Neben der Synergetik werden die Einflüsse der Gestaltpsychologie, der ökologischen Wahrnehmungspsychologie, der Chaostheorie und des Konnektionismus (Künzell, 1996) auf diese als „Motor-Action-Kontroverse“ bekannte Auseinandersetzung anhand experimenteller Befunde dokumentiert.

Dabei stehen die Konsequenzen für das motorische Lernen als Grundlage für das allgemeine und spezielle Koordinationstraining im Vordergrund der Überlegungen. Diesbezüglich fordern sowohl die internen Repräsentationsmodelle in der so genannten „variability-of-practice“ Hypothese als auch das von systemdynamischen Analysen abgeleitete Konzept des differenziellen Lernens variables Üben als grundlegende methodische Strategie im Koordinations- und Techniktraining.

Literaturverzeichnis:
Bernstein, N. A. (1975). Bewegungsphysiologie. Leipzig: Ambrosius-Barth
Janssen, J. P., Carl, K., Schlicht, W. & Wilhelm, A. (1996).Synergetik und Systeme. Schorndorf: Hofmann.
Künzell, S. (1996). Motorik und Konnektionismus. Neuronale Netzwerke als Modell interner Bewegungsrepräsentationen. Köln: bps.
Quelle: Arbeitskreis Motorisches Lernen und Bewegungskoordination, Leitung: Herbert Wagner, Mitwirkender: Jürgen Birklbauer, Interfakultärerer Fachbereich Sport & Bewegungswissenschaft/USI, Universität Salzburg

Ganzheitliches und implizites Lernen

Wulf/Weigelt haben 1997 festgestellt, dass sich aus den ihnen vorliegenden Befunden ableiten lässt, dass der implizite Erwerb einer Bewegungsfertigkeit eher einen ganzheitlichen Prozess darstellt, der gestört wird, wenn die Aufmerksamkeit des Lernenden auf strukturelle Details des Bewegungsablaufs gerichtet wird. (zitiert nach Kibele, 2001)

A place to reach

Robert S. Woodworth, Psychologe„When I start to go willingly, my intention is not aimed to move my legs alternately in a certain way, my will is directed to a specific place to reach. I’m not in a position to describe the movements, my legs or arms will make, but I can see what result I intend to achieve „.

Robert S. Woodworth, Psychologe, 1899

„Wenn ich willentlich zu gehen beginne, ist meine Absicht nicht darauf gerichtet, meine Beine alternierend in einer bestimmten Weise zu bewegen; mein Wille ist darauf gerichtet, einen bestimmten Ort zu erreichen. Ich bin nicht in der Lage, zu beschreiben, welche Bewegungen meine Beine oder Arme dabei machen werden; aber ich vermag festzustellen, welches Ergebnis ich zu erreichen beabsichtige.“

Aufmerksamkeitsfokus und Choking under Pressure

Maurer und Munzert kommen in einer Untersuchung mit Basketballspieler_innen (Uni Gießen 2006) zu dem Ergebnis, dass die Lenkung der Aufmerksamkeit auf die Bewegungsausführung, im Gegensatz zu anderen bereits in diesem Blog beschriebenen Untersuchungen (Beilock, Wulf, u.a.), zu signifikant besseren Trefferleistungen führen kann. Ein wesentlicher methodischer Unterschied dieser Studie könnte darin bestehen, dass die Spielerinnen selbst einen für sie wichtigen Bewegungsaspekt wählen konnten, auf den sie sich bei der Ausführung des Freiwurfs konzentrierten. Dieses Ergebnis legt nach Ansicht der Autoren „die Vermutung nahe, dass nicht die vertrauten Aufmerksamkeitslenkungen für eine negative Beeinflussung der Leistung verantwortlich sind“. Link zur Studie

Defokussierungs-Theorie

In der Hirnforschung und insbesondere in der Kreativitätsforschung gibt es die sogenannte „Defokussierungs-Theorie“. Sie ist verwandt mir der „Low-Arousal-Hypothese“, das ist so etwas wie eine „Geringe-Erregungs-Hypothese“. Die Theorie sagt: je mehr es mir gelingt, meine Gedanken schweifen zu lassen, mich nicht auf eine Sache zu konzentrieren, desto freier kann ich assoziieren und desto leichter finden sich kreative Gedanken und Problemlösungen ein.

Dies sollte auch für das Bewegungslernen gelten, wie die Lösung für die vom Coach nicht verbal formulierte, sondern sich aus den vom Coach erstellten Rahmenbedingungen ergebende Bewegungsaufgabe „Spiel den Ball von Punkt A mit hoher Geschwindigkeit über das Netz zu Punkt B im gegenüberliegenden Spielfeld!“.

Je weniger ich mich auf eine Sache konzentriere und je mehr ich die Hirnaktivität herunterfahre, desto größer ist die Chance auf den „Geistesblitz aus heiterem Himmel“. Viele solcher Erfahrungen lassen sich ja in Momenten der Entspannung und der Meditation machen.

Henning Beck zieht in seiner spannenden „Beschreibung des Geistesblitzes – Speed up your mind!“ (Heidelberg 2013) das Fazit, dass „unkonzentriert sein helfen kann, um sich für neue und überraschende Ideen zu öffnen“. Demnach könnte ein „Abschalten“ von Hirnfunktionen notwendig sein, um sich einer Sache (also auch der Lösung einer Bewegungsaufgabe) kreativ widmen zu können. Dass die Bewertung und Zusammenführung von Gedankenmustern im präfrontalen Cortex stattfindet, scheint sicher zu sein, auch wenn wir im Inner Coaching und im Mentaltraining von einem „Ausschalten des Denkens im präfrontalen Cortex“ reden.

Beck geht davon aus, dass der präfrontale Cortex den Gedankenblitz schon lange bearbeitet hat, bevor er bewusst und als richtig wahrgenommen wird.

Wave your hand!

ts (640x633)Thomas Schmid is a good friend of mine. He is working as a Professional Tennis Coach in the South of Germany with the TSI-Organization and he is Chief-Instructor for new Coaches in the WTB-Bezirk-E.

He had a nice idea for a ‚Trick the mind drill‘, not thinking, that this could be one:

„Play rallies with your partner from the service-line. After every hit you take the racket in the other hand and wave your hand to greet the partner on the other side of the court!“

Lob dem Fehler…

hh (394x400)Im „methodischen Traditionalismus“ werden Fehler vom Trainer als Abweichungen von der „optimalen Bewegungsausführung“ interpretiert. Rückmeldungen zielen daher auf eine Korrektur der vermeintlich falschen Bewegungsausführung: die Bewegung wird solange korrigiert, bis sie der Bewegungsvorstellung des Trainers entspricht.

Im Inner Coaching gibt es kein falsch oder richtig. Vermeintliche „Fehler“ sind wichtige Schritte bei der Entwicklung einer individuellen und effektiven Lösung von Bewegungsaufgaben.

(vlg. Systemdynamik, Differenzielles Lernen, Zen)

Skill acquisition in tennis

I’m always looking for studies about motor learning. They give us informations about motor learning and about best way to support our clients.

Skill acquisition in tennis: research and current practice.

by Reid M, Crespo M, Lay B, Berry J.

Abstract:

Common to most tennis players is the desire to improve performance. Equipped with the necessary motivation, these players can spend countless hours rehearsing tennis‘ skills under the guidance of a coach. Often, these practices feature repetitious hitting, with little consideration given to the actual context in which the game’s skills are expressed. Alternatively, training sessions that amount to little more than poorly structured game-play, devoid of any specific goals or objectives, are also discernible. Either way, player learning and long-term performance are unlikely to be optimised. So, where tennis coaches have long relied on certain instructional approaches and types of practices to enhance player performance, their efficacy is uncertain. Indeed, a growing body of research suggests that players stand to benefit from the earlier introduction of variable and random practices and feedback that is more intrinsic in nature rather than time-honoured overly prescriptive coaching. This review considers contemporary skill acquisition research in relation to current tennis coaching practice.